E-Mails und FOMO

Im Berufsleben stellte ich einen Trend fest. Über mehrere Jahre haben sich die E-Mails die jeden Tag in meiner Inbox landen verdoppelt. Ebenso verdoppelt hat sich der Aufwand diese E-Mails zu beantworten. Wenn wir dem Stress auf den Grund gehen dann können wir uns auch einmal die Mühe machen statistisch auszuwerten was es mit diesen E-Mails auf sich hat. Wie viele E-Mails sind tatsächlich an uns gerichtet und nur an uns, also ein persönliches E-Mail? Bei wie vielen E-Mails hat man sich nur gedacht: Ich sende es mal an einen Verteiler, irgend jemand wird sich hoffentlich damit beschäftigen und darauf antworten.

Tatsächlich lese ich einen Management – Bestseller namens “Mail halten!” von Anitra Eggler. In diesem Buch ist FOMO wie folgt beschrieben:

FOMO

Akronym für “Fear of missing out”, neudeutsch für die gute alte Angst, etwas zu verpassen. FOMO ist der Lebensgefährte des Homo Digitalis und Grund für sein “sich im Sekundentakt vergewissern müssen, dass Facebook (Twitter, WhatsApp, Instagram, Google, …) noch steht”. FOMO ist Grund für den “last login” vor dem Schlafengehen, den “just to check” Login mitten in der Nacht und den “first login”, sobald morgens ein Auge halboffen ist. Paradox: FOMO führt dazu, dass das Einzige verpasst wird, was man im Leben verpassen kann: das Leben.

(Vgl. Seite 247 im Buch Mail Halten von Anitra Eggler)

Wenn die Leute FOMO in Social Media und das Sinnlos-Surf-Syndrom überwunden haben dann können wir uns dem E-Mail-Wahnsinn widmen. Eine statistische Auswertung zu den E-Mails des Berufslebens zeigt oft Missstände.

Irgendwann stellt sich oft die entscheidende Frage: Erledigen Sie ihre E-Mails oder erledigen Ihre E-Mails Sie? (Vgl. Seite 171 im Buch Mail Halten von Anitra Eggler)

Wenn sich diese Frage ergibt dann ist ein entscheidender Punkt erreicht.

Lt. Anitra Eggler hat ein anonym bleiben wollendes Vorstandsmitglied eines Konzerns mit einer Personalverantwortung von über 35.000 Mitarbeitern und einem Jahresgehalt von 1,6 Millionen Euro folgenden Satz erklärt:

Ich bin süchtig nach

Unterbrechungen. Wenn ich nicht unterbrochen werde, weiß ich nicht, was ich als Nächstes tun soll.

(Vgl. Mail Halten von Anitra Eggler, S. 163)

Hier der entscheidende erste Tipp: Stellt diesen verdammten Popup ab, der jede Nachricht ankündigt und wenn ihr den Kalender voll habt am besten den Popup zur Benachrichtigung des nächsten Meetings gleich mit dazu. Das ist ein Anfang.

Danach geht es um eine Entscheidung wie viel Zeit pro Tag ihr maximal mit E-Mails verbringen wollt. Diese Entscheidung löst die Frage ob ihr E-Mails priorisiert erledigen könnt oder ob die E-Mails euch erledigen.

Der E-Mail Wahnsinn (Pensum Perpetuus Interruptus) definiert sich wie folgt.

Definition des E-Mail Wahnsinns nach Anitra Eggler

Immenser Verlust von Schaffenskraft, Produktivität, Konzentration, Hirn, Arbeitssinn, Motivation und Lebenszeit aufgrund unkontrollierbarer stetiger Arbeitsunterbrechung durch E-Mails an allen verfügbaren Endgeräten.

Unerklärlicher Zwang, alles, aber auch wirklich alles, per E-Mail zu dokumentieren, Renaissance der völlig unproduktiven “Wer schreibt, der bleibt” Mentalität aus der Kaiserzeit.

Besonders E-Mail wahnsinnig sind Menschen, die früher in der Schule gepetzt haben – heute werden sie als manische In-CC-Setzer gefürchtet. Darunter leiden im Besonderen Führungskräfte, die aus Absicherungs-, Eskalations- oder auch Mobbinggründen standardmäßig einkopiert werden.

HÄRTEFÄLLE reagieren auf Plingtöne mit Schnappatmung [#emailapnoe] und Speichelfluss [#digitalesdopamin]. Sie lieben große E-Mail-Verteiler und nutzen diese bei jeder sich bietenden Gelegenheit für Selbstdarstellung oder semiberufliche Anliegen wie den Verkauf der “kaum gebrauchten Winterreifen”, der Suche nach der “kessen Stromberg-Kaffeetasse” oder dem “Geburtstagsgeschenk für Mausi”. In Folge beschweren sie sich vehement, wenn mehr als 100 Kollegen “an alle” antworten. Ihr Beschwerdemedium ist, Sie ahnen es, eine “E-Mail an alle”. [#TGIF].

E-MAIL-WAHNSINN WURDE FRÜHER AUCH ALS “Kommunikation” und “Projektmanagement” bezeichnet und von führenden Software-Dealern als “Effizienzsteigerung” und “Produktivitätsturbo” verkauft.

(Vgl. Anitra Eggler E-Mail Halten, S. 162)

CONCLUSIO

Ich kombiniere einmal die Erkenntnis, dass es Führungskräfte gibt, die nach Unterbrechungen süchtig sind und nicht wissen was sie tun sollen wenn sie nicht unterbrochen werden mit der Erkenntnis dass sie darunter leiden, dass bei jedem E-Mail die Führungskraft in den Verteiler genommen wird. Diese Führungskräfte werden auch ihre Sucht stillen indem sie dafür sorgen genügend E-Mails in der Inbox zu haben und ständig neue E-Mails zu bekommen, die sie unterbrechen.

Deshalb heißt der E-Mail Wahnsinn auch Pensum Perpetuus Interruptus.

Als Work-Life-Balance Experte ist dieses Phänomen E-Mail je nach Unternehmen ein Hebel, der nicht nur Stress reduziert sondern Produktivität potenziert. Damit sind wir auch bei einem Kernelement von FrontSideSolutions.

Messen Sie also einfach einmal statistisch Ihr persönliches Pensum Perpetuus Interruptus indem Sie die Gesamtanzahl empfangener und gesendeter E-Mails in den Vergleich mit der Dauer der Ansammlung aller Mails (Anzahl Jahre) setzen.

Und dann finden Sie Zeit für ein Gebet oder eine Meditation. Wenn Sie Besitzer des Buches sind auch für den Rosenkranz: Oh weh, Google, voll der Ungnade!

Möge uns alle der erhellende Gedanke kommen wie wir Stress reduzieren können. Möge dieses Licht dazu dienen uns selbst den Spiegel vorzuhalten. Möge dieser Spiegel die Erkenntnis bringen wie wir heilsam die Kommunikation steuern.


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